Im Licht der Straßenlaternen sieht Dubrovnik am schönsten aus. Der abgelaufene Kalksteinboden der engen Gassen glänzt wie Marmor. Auf dem Hauptplatz der Altstadt wacht seit 1418 die Statue des schüchtern dreinblickenden Ritters Orlando über die teils spektakulären spätmittelalterlichen Bauten. Ein Straßenmusiker singt „Wonderful World“. Von der Treppe der Kirche St. Saviour aus hat man den besten Überblick über das fröhliche Treiben in den Bars und Cafés. Doch irgendetwas stört.
„Stell’ Dir vor, alle Touristen wären auf einmal weg“, sagt ein Mann auf deutsch nur ein paar Stufen weiter oben laut zu seiner Freundin. „Denk’ Dir alle Menschen weg, die nicht in Dubrovnik wohnen. Ich glaube, der Platz wäre fast leer. Nur die Kellner und Souvenirverkäufer wären noch da.“
Gut möglich, dass der junge Mann recht hat. Dubrovnik, ehemals Republik Regusa genannt, hat seine goldene Zeit um das 15. Jahrhundert längst hinter sich gelassen. Vielleicht ist die Altstadt nur noch eine Kulisse – dafür aber immerhin eine wunderschöne.
Hollywood hat das längst gemerkt. Unter dem Namen King’s Landing, in der deutschen Übersetzung Königsmund, hat Dubrovnik unter Serienfans weltweit eine ganz neue Bekanntheit erreicht. Denn in der momentan heiß begehrten Fantasy-Sendung „Game of Thrones“ spielt die Stadt die Rolle der Hauptstadt der sogenannten Seven Kingdoms. Regelmäßig dreht HBO in den Straßen Dubrovniks. Die erstaunlich intakte mittelalterlich anmutende Stadtmauer, die vielen Brunnen und Gassen bieten dafür anscheinend beste Voraussetzungen.
Und Hollywood hat Blut geleckt. Diesen März ging das Star-Aufgebot im wahrsten Sinne des Wortes weiter. Im neusten „Star Wars“-Film, Episode VIII, soll Luke Skywalker Dubrovnik als Versteck nutzen. Die Souvenirläden haben sich bereits darauf eingestellt: Neben Action Figuren von Cersei Baratheon aus „Game of Thrones“ gibt es bereits Stormtrooperkostüme aus der Sternenkriegreihe zu kaufen. Und der Hype scheint kein Ende zu nehmen. Laut Informationen von Croatia Week gibt es sogar Überlegungen, für den nächsten „James Bond“ in der Stadt an der Adria zu drehen.
Lassen sich also nur noch Touristen und Filmstars in Dubrovnik blicken? Nicht ganz. Die Kleider, die zum Trocknen hoch oben zwischen den Häusern im Wind flattern, verraten, dass in der Stadt durchaus noch Menschen leben, genauer gesagt rund 42 000.
Antun Nadramija ist einer von ihnen. Der hoch gewachsene 33-Jährige arbeitet, wie hätte es anders sein können, in der Tourismusindustrie. Für „Dubrovnik Walks“ führt er Besucher durch die Stadt. „Ich habe das zurückverfolgt: Meine Familie wohnt seit dem 17. Jahrhundert in Dubrovnik. Fast alle waren Metzger. Mein Vater übt den Beruf noch heute aus.“
Nadramija kennt einige Tricks, wie man den Massen und den im Vergleich zum Rest von Kroatien extrem hohen Preisen entkommen kann. „Zwei Querstraßen von der Stradun, der Hauptstraße, entfernt wird das Essen und das Bier etwas günstiger“, sagt der Fremdenführer. Anschließend zeigt er in Richtung der Häuser, die nur durch Treppen und gar nicht mit dem Auto erreichbar sind. „Die meisten Einheimischen leben in dieser Richtung. Zu meiner Wohnung muss ich 168 Stufen steigen.“
Tatsächlich, nach anstrengendem Aufstieg kommt man zu Wohnhäusern und einem belebten Spielplatz. Nadramija fährt fort: „Die Finanzkrise 2008 hatte auch etwas Gutes: Die Immobilienpreise sind gefallen und nicht alle Einheimischen haben ihre Häuser verkauft. Ich finde das gut, so sind wir keine reine Museumsstadt geworden.“
Mit Nadramijas Hilfe ist es einfacher, die Geschichte der Stadt kennenzulernen. Leider hat diese auch viele grausame Seiten. „Wir haben im Schnitt alle 40 Jahre Krieg in Dubrovnik, das heißt jetzt haben wir noch knapp 20 Jahre Ruhe“, sagt er traurig und zeigt auf eine Infotafel, auf der markiert ist, wie viele, teils historische, Gebäude im Krieg 1991 bis 1995 gegen Serbien beschädigt wurden. Plötzlich ist die dicke Stadtmauer nicht mehr nur ein Artefakt des Mittelalters, sondern es wird klar: Diese Stadt hatte oft allen Grund, sich gegen Feinde abzuschirmen.
In Dubrovnik gibt es aber mehr zu entdecken als die Spuren der Kriege. Etwa die Überreste eines Waisenhauses mit Babyklappe aus dem 15.
Jahrhundert. „Der Staat hat sich um die Kinder gekümmert, nicht die Kirche oder Privatpersonen. Das war damals etwas ganz Besonderes“, erklärt Nadramija. Außerdem war Dubrovnik 1416 der erste Stadtstaat Europas, der die Sklaverei abschaffte. Die zweitälteste Synagoge der Welt ist hier zu besichtigen, ebenso wie eine prächtige Kathedrale und eine alte Moschee.
Ja, Dubrovnik ist touristenüberfüllt und erschreckend teuer. Allein ein Parkplatz in Altstadtnähe kostet umgerechnet etwa fünf Euro pro Stunde. Auch das Betreten der Stadtmauer kostet Geld. Dennoch lohnt sich der zwei Kilometer lange Spaziergang mit seinem atemberaubenden Ausblick. Auch die Stadt selbst sollte man sich nicht entgehen lassen. Besonders wenn man einen Einheimischen mit den richtigen Anekdoten dazu befragt. Gut, dass Nadramija Geschichten aus dem Leben der Stadt parat hat. Und die bestehen nicht aus fantastischem Hollywoodkitsch, sondern sie erzählen von den Menschen, die hier leben, die auch mal Fehler machen:
„Dieser Brunnen – neben dem übrigens im vergangenen Monat eine der „Star Wars“ Szenen gedreht wurde – wird aus einem ganz bestimmten Grund restauriert. Ein Idiot aus dem Restaurant nebenan hat eine riesige Ladung Eiswürfel ins Wasser geworfen. Ein Brunnen aus dem 15. Jahrhundert hält das eben nicht aus. Er hat Risse bekommen. Aber keine Sorge, die Reparaturen laufen schon.“
Tolle Fotos, spannende Reiseberichte, Nachhilfe für Westgebliebene beim geschichtlichen Hinter- und Vordergrund:
Wir sind mit größtem Interesse Reisebegleiter und freuen uns auf noch mehr!
Alles Gute für Euch und Euren wackeren Bus.
Superschön! 🙂 Ich freu mich sooooo sehr zu sehen wie gut es euch in Kroatien gefällt! 🙂