In Istanbul prallen Welten aufeinander. Moderne Hipster-Viertel ala Prenzlauer Berg teilen sich eine Stadt mit Gegenden, in denen jede Frau ein Kopftuch trägt. Hier stehen die Häuser so weit das Auge reicht und so dicht an dicht – nach einer Woche im Innern Istanbuls kommen einem Erinnerungen an unberührte Landschaften und sattgrüne Wälder vor wie Traumbilder aus einer anderen Welt, die es nicht mehr gibt. Statt großer grüner Parks schlängelt sich der tiefblaue Bosporus durch die Häuserschluchten und teilt die Stadt in zwei Teile, in Europa und Asien. Auf dem Marmarameer warten zig riesige Frachtschiffe auf ihre Durchfahrt durch die Stadt, hinüber ins Schwarze Meer.
Verlassen wirken in diesen Tagen die leeren Touristen-Restaurants neben Hagia Sophia und Blauer Moschee. Die Kellner, die die wenigen Vorbeilaufenden aufhalten wollen, schwanken zwischen Wut und Resignation. Seit Terroranschlägen und Putschversuch traut sich Europa nicht mehr in die 17 Millionen Menschen Metropole. Die arabischen Besucher können die Lücke mengenmäßig nicht im Ansatz füllen. An die Stelle der Touristen sind im Herbst 2016 Propagandaplakate getreten, die keinen Zweifel daran lassen sollen, wo die Solidarität des wahren Türken nach dem Putschversuch zu liegen habe: bei der Regierung. Die launischen Herrscherinnen dieses IstanbulerChaos’? Es sind die Katzen. Sie mögen auf der Straße leben, doch überall werden sie umhegt, gefüttert, wegen ihres außergewöhnlich weichen Fels angehimmelt.
Wir bleiben länger als geplant. Die Einreise mit dem Auto in den Iran scheint 500 Papiere, 5000 Euro und einen Doktor in Bürokratiewesen zu erfordern. Dennoch, so konnten wir Istanbul kennenlernen. Wir danken unserem fröhlichen und geduldigen Gastgeber, den Katzen und einer rätselhaften, atemberaubenden Stadt für diese Möglichkeit.